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Aktuelle Pressemitteilungen des Bundesverfassungsgerichts
2. Oktober 2024 | Unzulässige Richtervorlage zu der in § 32 Abs. 6 Einkommensteuergesetz festgelegten Höhe des Kinderfreibetrages im Jahr 2014
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Unzulässigkeit einer Richtervorlage zu § 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 und Sätze 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in der 2014 geltenden Fassung festgestellt. Die Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts betrifft die Frage, ob der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes für das Jahr 2014 der Höhe nach verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird. Eltern erhalten unter bestimmten Voraussetzungen für ihre Kinder entweder Kindergeld oder es werden bei der Einkommensteuerveranlagung Freibeträge berücksichtigt, unter anderem der Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Im Jahr 2014 war altersunabhängig je Kind ein Kinderfreibetrag von 4.368 Euro zu berücksichtigen. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat zwei Töchter. Bei der Einkommensteuerfestsetzung 2014 berücksichtigte das Finanzamt für beide Kinder jeweils unter anderem den Kinderfreibetrag. Die Klägerin hielt dessen Höhe für verfassungswidrig und legte gegen den Steuerbescheid erfolglos Einspruch ein. Das Niedersächsische Finanzgericht setzte das nachfolgende Klageverfahren aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung vor, ob der Kinderfreibetrag 2014 der Höhe nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Nicht verfahrensgegenständlich ist hingegen der ebenfalls in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG geregelte zusätzliche Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf. Die Vorlage ist unzulässig. Das vorlegende Gericht legt nicht in einer den Darlegungsanforderungen genügenden Weise dar, weshalb es von der Verfassungswidrigkeit der in § 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG festgelegten Höhe des Kinderfreibetrags 2014 überzeugt ist. Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts sind insgesamt nicht nachvollziehbar und lassen überdies nicht erkennen, dass es die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift – wie geboten – sorgfältig geprüft hat.
02.10.2024 09:30
2. Oktober 2024 | Das Bundesverfassungsgericht bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin
Die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit finden in diesem Jahr unter dem Motto „Vereint Segel setzen“ vom 2. bis 4. Oktober 2024 in Schwerin statt. Im Rahmen eines Bürgerfestes präsentiert sich das Bundesverfassungsgericht in unmittelbarer Nähe des Schweriner Marstalls in einem interaktiven Pavillon. Bürgerinnen und Bürger können sich dort über die Arbeitsweise des Bundesverfassungsgerichts informieren und zudem am 3. Oktober 2024 bei Interviews mit Richterinnen und Richtern des Bundesverfassungsgerichts einen persönlichen Eindruck von ihnen gewinnen. Darüber hinaus werden auf großen Bildschirmen Kurzfilme über die Arbeit und bedeutsame Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gezeigt.
02.10.2024 09:29
1. Oktober 2024 | Einzelne gesetzliche Befugnisse des BKA zur Datenerhebung (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKAG) und Datenspeicherung (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BKAG) sind in Teilen verfassungswidrig
Mit heute verkündetem Urteil hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 18 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Bundeskriminalamtgesetz (BKAG), soweit dieser in Verbindung mit § 13 Abs. 3, § 29 BKAG dem Bundeskriminalamt die Speicherung von Daten im polizeilichen Informationsverbund erlaubt, sowie § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKAG mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar sind. Bis zur Neuregelung, längstens bis zum 31. Juli 2025, gelten die Vorschriften mit bestimmten Maßgaben fort. Im Übrigen bleibt die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg. Die Beschwerdeführenden, darunter Rechtsanwältinnen, ein politischer Aktivist und Mitglieder der organisierten Fußball-Fanszene, wenden sich unter anderem gegen die Befugnis des Bundeskriminalamts zur heimlichen Überwachung von Kontaktpersonen mit besonderen Mitteln zum Zweck der Terrorismusabwehr (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKAG) und die Regelungen zur Weiterverarbeitung bereits erhobener personenbezogener Daten im Informationssystem des Bundeskriminalamts (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BKAG) sowie im polizeilichen Informationsverbund (§ 18 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 BKAG). Der polizeiliche Informationsverbund ist eine gemeinsame föderale Datenplattform der Polizeibehörden des Bundes und der Länder zum Austausch von Daten. § 18 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 BKAG, soweit dieser in Verbindung mit § 13 Abs. 3, § 29 BKAG die Speicherung von Daten im polizeilichen Informationsverbund erlaubt, fehlt es an einer angemessenen Speicherschwelle und ausreichenden Vorgaben zur Speicherdauer. Die in § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKAG vorgesehene Eingriffsschwelle genügt nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. § 16 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BKAG genügt in Zusammenschau mit den gesetzlichen Löschungsvorgaben den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
01.10.2024 09:30
27. September 2024 | 80. Geburtstag der ehemaligen Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. em. Dr. Lerke Osterloh
Die ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. em. Dr. Lerke Osterloh begeht am 29. September 2024 ihren 80. Geburtstag
27.09.2024 09:30
26. September 2024 | Mündliche Verhandlung in Sachen „Solidaritätszuschlag 2020/2021“ am Dienstag, den 12. November 2024 um 10.00 Uhr
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am Dienstag, den 12. November 2024, um 10.00 Uhr, im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe über eine Verfassungsbeschwerde, mit der sich die Beschwerdeführer unmittelbar gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) wenden.
26.09.2024 09:30
25. September 2024 | Verfassungsbeschwerde mehrerer Frauen mit dem Ziel der Gewährung von Mutterschutz nach einer Fehlgeburt mangels Fristwahrung erfolglos
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde mehrerer Frauen, die eine Fehlgeburt nach der 12., aber vor der 24. Schwangerschaftswoche erlitten haben, nicht zur Entscheidung angenommen. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde verfolgen sie das Ziel, wie Entbindende behandelt zu werden, die unter die Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) fallen. In § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG sind unter anderem Schutzfristen geregelt, in denen Frauen nach einer „Entbindung“ nicht beschäftigt werden dürfen. Während dieser Schutzfristen haben Frauen, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind, gegen die Krankenkassen Anspruch auf Mutterschaftsgeld und gegebenenfalls gegen den Arbeitgeber auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Zur Auslegung des Begriffs der „Entbindung“ nahm die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem anderen Kontext bisher auf Regelungen der Personenstandsverordnung Bezug. In den Fällen, in denen im personenstandsrechtlichen Sinne eine Fehlgeburt vorlag, wurde eine „Entbindung“ abgelehnt. Eine „Entbindung“ war danach nur gegeben, wenn ein Kind lebend oder tot nach der 24. Schwangerschaftswoche beziehungsweise mit einem Gewicht von mehr als 500 Gramm geboren wurde. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt wurde und im Übrigen den Grundsatz der Subsidiarität nicht wahrt. Die Beschwerdeführerinnen hätten ihre Ansprüche vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde vor den Sozial- beziehungsweise Arbeitsgerichten verfolgen können.
25.09.2024 09:30
18. September 2024 | Erfolglose Organklagen der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag wegen der Wahl und Abwahl von Ausschussvorsitzenden
Mit heute verkündetem Urteil hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts zwei Organklagen der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag (Antragstellerin) teilweise als unbegründet zurückgewiesen und im Übrigen als unzulässig verworfen. Im Verfahren 2 BvE 1/20 wendet sich die Antragstellerin gegen die Abwahl des ihrer Fraktion angehörenden Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages in der 19. Wahlperiode. Im Verfahren 2 BvE 10/21 rügt sie die Durchführung von Wahlen zur Bestimmung der Vorsitzenden des Innenausschusses, des Gesundheitsausschusses und des Entwicklungsausschusses in der 20. Wahlperiode, bei denen die von ihr vorgeschlagenen Kandidaten jeweils keine Mehrheit erreichten. Die Antragstellerin sieht sich dadurch in ihren Rechten auf Gleichbehandlung als Fraktion verletzt. Eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Gleichbehandlung als Fraktion aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Grundsatz der fairen und loyalen Auslegung und Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) liegt nicht vor. Die Antragstellerin kann sich zwar auf das Recht auf Gleichbehandlung bei der Besetzung der Ausschussvorsitze stützen. Die Durchführung von Wahlen zur Bestimmung der Ausschussvorsitze und die Abwahl vom Vorsitz des Rechtsausschusses bewegen sich jedoch im Rahmen der dem Bundestag zustehenden Geschäftsordnungsautonomie (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG). Weil es hier nicht um spezifische Statusrechte der Abgeordneten und Fraktionen, sondern allein um die Teilhabe an erst durch die Geschäftsordnung eingeräumten Rechtspositionen geht, ist der alleinige verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab das Willkürverbot. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.
18.09.2024 11:30
17. September 2024 | Hessisches Verfassungsschutzgesetz teilweise verfassungswidrig
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass mehrere im Hessischen Verfassungsschutzgesetz (HVSG) geregelte Datenerhebungs- und Übermittlungsbefugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, weil sie gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung verstoßen: § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG (Ortung von Mobilfunkendgeräten) ist verfassungswidrig, weil er eine engmaschige langandauernde Überwachung der Bewegungen im Raum erlaubt, ohne eine dafür hinreichende Eingriffsschwelle vorzusehen. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HVSG (besonderes Auskunftsersuchen bei Verkehrsunternehmen und über Flüge) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis Eingriffe mit erhöhtem Gewicht erlaubt und dafür keine hinreichende Eingriffsschwelle vorsieht. § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG (Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis auch eingriffsintensive Einsätze Verdeckter Mitarbeitender erlaubt und dafür keine hinreichende Eingriffsschwelle vorgesehen ist. Auch soweit § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HVSG auf § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG Bezug nehmen, sind die Regelungen verfassungswidrig. § 20a Satz 1 HVSG (Übermittlungen an Strafverfolgungsbehörden) ist verfassungswidrig, soweit § 20a Satz 2 Buchstabe b und Satz 3 HVSG an nicht hinreichend gewichtige Straftaten anknüpfen. § 20b Abs. 2 HVSG (Übermittlungen an sonstige inländische öffentliche Stellen) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis auch die Übermittlung an inländische öffentliche Stellen mit operativen Anschlussbefugnissen erlaubt und keine dafür hinreichende Übermittlungsschwelle vorsieht. § 20a Satz 1 ist, soweit er auf § 20a Satz 3 HVSG Bezug nimmt, nichtig; die übrigen beanstandeten Vorschriften des HVSG gelten mit bestimmten Maßgaben vorübergehend fort.
17.09.2024 09:30
13. September 2024 | Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen die Aufhebung eines Schiedsspruches sowie das Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen zur Beendigung bilateraler Investitionsschutzverträge zwischen EU-Mitgliedstaaten
Mit heute veröffentlichten Beschlüssen hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zwei Verfassungsbeschwerden einer niederländischen Versicherungsgruppe nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 557/19 richtet sich im Kern gegen einen Beschluss des Bundesgerichtshofs, mit dem dieser einen Schiedsspruch aufhob. Mit diesem war der Beschwerdeführerin in einem Schiedsverfahren mit der Slowakei auf Grundlage eines Investitionsschutzabkommens zwischen der Slowakei und den Niederlanden („Bilateral Investment Treaty“, BIT) Schadensersatz in Höhe von 22,1 Millionen Euro zugesprochen worden. Hintergrund war ein 2007 bis 2011 geltendes Verbot von Gewinnausschüttungen aus Krankenversicherungsgeschäften in der Slowakei, das auch die Beschwerdeführerin betraf. Mit der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 141/22 wendet sich die Beschwerdeführerin gegen ein Zustimmungsgesetz des Deutschen Bundestages zu einem Übereinkommen zwischen mehreren EU-Mitgliedstaaten, mit welchem jeweils zwischen ihnen geschlossene bilaterale Investitionsschutzabkommen beendet werden; das BIT ist von dem Übereinkommen erfasst. Mit einem Eilantrag hatte die Beschwerdeführerin erfolglos versucht, das Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes zu verhindern (vgl. Pressemitteilung Nr. 13/2021 vom 3. Februar 2021). Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig. Im Verfahren 2 BvR 557/19 hat die Beschwerdeführerin ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht hinreichend substantiiert. Hiervon abgesehen ist eine Verletzung von Verfassungsrecht nicht hinreichend dargelegt. Im Verfahren 2 BvR 141/22 zeigt die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar auf, dass sie durch das angegriffene Zustimmungsgesetz unmittelbar in eigenen Rechten betroffen ist.
13.09.2024 09:30
13. September 2024 | 85. Geburtstag des ehemaligen Richters des Bundesverfassungsgerichts Prof. em. Dr. Udo Steiner
Der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof. em. Dr. Udo Steiner begeht am 16. September 2024 seinen 85. Geburtstag.
Impressum: Bernard Henter, Am Flugfeld 33, 40489 Düsseldorf, Tel. +49-211-404113     Kontaktformular   2024-10-11 23:39